Die Rettungsbojen des Generalluftzeugmeisters

Die Geschichte:

Auf Anregung des Generalluftzeugmeisters und Generalobersten Ernst Udet, der anlässlich einer Besichtigung von Rettungsflößen mit seinen Chefingenieur Lucht am Kanal 1940, erhielt Lucht nunmehr den Auftrag, auf dieser Basis ein neues Rettungsmittel zu erstellen. Es entstanden die Rettungsbojen, um Piloten und Flugzeugbesatzungen, bis zum Eintreffen von Rettungskräften, auf dem offenen Meer Schutz zu gewähren. Im Volksmund wurden diese auch als Udetbojen bezeichnet.

Der Aufbau:

Die Maße dieser quadratischen Rettungsbojen betrugen circa 4 x 3 x 2 m. Sie besaßen auf dem Oberdeck einen circa 1,8 m hohen Turm mit Signalmast und Antenne. Die ausgelegten Rettungsbojen führten ständig ein weißes Ankerlicht (Sichtweite etwa 1.000 m ) , das durch einen Sammler gespeist wird. Die Brenndauer beträgt etwa 30 Tage.
Die Bojen sind unter der Wasserlinie grau, über der Wasserlinie gelb gestrichen und tragen am Einstiegturm 4 rote Kreuze auf weißen Grund und die Bezeichnung: "Rettungsboje Generalluftzeugmeister Nr....".
Um den äußeren Umfang der Boje laufen dicht unter und über der Wasserlinie 2 Rohrgeländer, an denen sich die Schwimmer festhalten und zu der Aufstiegsleiter zum Bojenturm entlang hangeln können.
Am Bojenkörper ist eine 100 m lange Treibleine befestigt, die durch Schwimmköper - abwechselnd in roter und gelber Farbe - an der Wasseroberfläche gehalten wird. Im Turminnern befindet sich außerdem noch eine aufgehängte Rettungsboje, die an einer 10 Meter langen Leine befestigt ist. Die Rettungsbojen wurden durch 2 starke Ankerketten / Ankertaue mittels Bojensteine auf dem Kanalboden verankert. Die Bojen ab Nr. 35 sind mit FT-Notsender ausgestattet.

Der Verwendungszweck:

Die "Rettungsboje Generalluftzeugmeister" soll in Seenot geratenden Besatzungsmitgliedern von Flugzeugen Aufenthalt bis zur Rettung durch die zur Hilfeleistung eingesetzten Fahrzeugen gewähren.
Die Boje ist für einen mehrtägigen Aufenthalt von vier Personen eingerichtet. Notfalls können auch mehrere Flugzeugbesatzungen gleichzeitig Platz finden. An Bord sind alle erforderlichen Hilfsmittel.

Die Ausstattung:

Im Inneren der Rettungsboje befanden sich vier Kojen mit 4 Betten, Schränke mit trockene Kleidung, Belebungs- und Stärkungsmittel , Verbandszeug, Notproviant inklusive 25 Litern Trinkwasser, ein Notsender ( ab Boje Nr. 35 ), eine Lenzpumpe und ein Schlauchboot. Zum Abdichten von möglichen Beschuss-Löchern in der Wand standen Dichtungspfropfen und ein Hammer zur Verfügung. Zur Signalisierung einer besetzten Rettungsboje wurde tagsüber ein schwarzer Ankerball und eine gelb-rot gestreifte Flagge gesetzt. Nachts leuchtete auf dem Einstiegsturm zusätzlich ein rotes und ein weißes Licht.
Ebenfalls stand 1 Signalpistole mit 20 roten, 10 weißen, 10 Rauchpartronen und 10 Fallschirmleuchtpartronen zum Abfeuern zur Verfügung. Ebenso waren 10 Dauerbrandfackeln vorhanden. Sowie allerlei Dinge wie z.B. : 1 Flasche Weinbrand, 2 Pakete Zigaretten, 1 Satz Unterhaltungsspiele und 2 Kartenspiele.

Die Einzelnachweise zu den Rettungsbojen:

Datum:Ereignis: / Letztes Update der Liste am: 03.01.2016
22.09.1940Vormittags Besuch Major Buddenbrock von der Seenot-Dienst-Inspektion beim O.d.L., Major Keindl, Seenotbezirksleiter Le Havre und Major Wildhagen, Seenotdienstleiter Dieppe, bei Seekommandanten Seine-Somme zur Bekanntmachung eines Planes, 100 schwimmende Rettungsschwimmträger zur Aufnahme von je 4 Personen im Kanal zu verankern. Verankerungsplätze sind mit Gruppe West und Seebefehlshaber West vereinbart und lassen die bei eigene Operationen voraussichtlichen benutzen Wege offen. Klarmachen in den Häfen erfolgt durch Seenotdienst, Auslegen durch Seebefehlshaber West. Erste Prüfung eines Versuchskörpers erfolgt durch Kpt.z.S. Tschirch in Calais.
23.09.1940Ob.d.L. Gen.Qu. 6.Abt. Nr. 6578/40 (III 4):
Auf Befehl des Oberbefehlshabers der Luftwaffe sind die Seenotrettungsbojen als Einrichtungen des internationalen Roten Kreuzes (evtl. Lazarettschiff) zu notifizieren. Hierzu sind sofort die erforderlichen Schritte zu veranlassen.
23.09.1940Aufstellung Bojenkommando Kanalküste Für die Auslegung Bojen (Seenotdienst) im Kanal wird von der Marine der Tonnenleger WIK und von der Luftwaffe das Flugsicherungsschiff KRISCHAN gestellt.
24.09.1940 Gem. Ob.d.L. Genst.Gen.Qu. 2.Abt. Nr. 8371/40 geh. (II A):
Mit sofortiger Wirkung werden aufgestellt:
Seenotbojenkommando A – Cherbourg / Seenotzenrale (L) Cherbourg, Kdt. Major Bredow in Wilhelmshaven
Seenotbojenkommando B – Boulogne / Seenotzentrale (L) Boulogne Kdt.: wird noch bestimmt durch LG-Kdo. XI in Wilhelmshaven
Seenotbojenkommando C – Calais / Seenotzentrale (L) Boulogne, Kdt. Major Bruhn (zur Wartung der Rettungsbojen GL) in Stettin
Nach erfolgter Aufstellung werden die Seenotbojenkommandos unverzüglich an ihre Verwendungsorte in Marsch gesetzt.
Stärke: je ein Offizier, 1 Feldwebel, 1 Uffz. 10 Mannschaften.
25.09.1940Das Flugsicherungsschiff KRISCHAN ist beschleunigt nach Boulogne zu verlegen zur Verfügung Seenotzentrale (L) Holland / Kanalküste beim Marinebefehlshaber Kanalküste für Sonderaufgabe. Marschanweisung erteilt Seenotzentrale (L) Nord mit B.S.N., KRISCHAN ist in erster Linie für Hilfsleistung beim Auslegen der Rettungsbojen GL bestimmt.
04.10.1940Seebefehlshaber West stellt zudem Tonnenleger MELLUM zum Auslegen der Bojen zur Verfügung.
01.11.194014.10 h - Rettungsboje Generalluftzeugmeister Nr. 22 vor Gravelines treibend gemeldet. Rettungsboje Nr. 22 durch ein Stossboot und ein Motorboot der französischen Rettungsstelle eingeschleppt.
16.11.1940F.T. von U-Jäger 116: Fliegerrettungsboje Nr. 19 von roter Ansteuerungstonne Den Helder Richtung 325° 1000m nach Norden treibend.
Von B.S.N.: Wird Auslaufen Flugsicherungsschiff ROLSHOVEN Den Helder zur Bergung der Boje gefordert.
17.11.1940Von Seenotzentrale Holland – Obstlt. Lesch: Zwischen Terschelling und Ameland ist eine Fliegerrettungsboje abgetrieben. Boje wurde von Rettungsboot AMELAND flott gemacht und ist jetzt so verankert, das sie abgeschleppt werden kann. Gesamter Inhalt ist geborgen.
23.11.194017.10 h - F.T. Von Vorpostenrotte 1101: Bei Tonne Max 1 treibende Fliegerrettungsboje Nr. 25 aufgenommen. Schleppe Boje nach Stortemelk. Bitte durch Flugsicherungsboot abholen lassen auf wer „Rot“.
24.11.1940Betr. F.T. 23.11. 17.10 Uhr von Vp-Rotte 1101 – Boje Nr. 25 wird durch Taucherfahrzeug FRAUKE nach Terschelling geschleppt.
11.12 h - F.T. von Vorpostenrotte 1101: Boje an FRAUKE übergeben.
F.S. von M.S.S. Terschelling – Hafen: Fliegerrettungsboje Nr. 25 durch Taucherfahrzeug FRAUKE geborgen. Boje hat ein Leck, ist von MG beschossen worden. Sie liegt in Terschelling Hafen.
18.23 h - F.T. von Vp-Rotte 1101: Schleppen Fliegerrettungsboje Nr. 14 nach Stortemelk, Annehme Treffpunkt wie zu F.T. 1915 / 44 v. 23.11.
Von B.S.N. - O.v.B.: Taucherfahrzeug FRAUKE hat Anweisung am 25.11. an gleicher Stelle zur gleichen Uhrzeit wie 24.11. Boje wahrzunehmen.
25.11.1940Von M.S.S. Terschelling: Die Fliegerrettungsbojen Nr.14 und Nr.25 wurden von einem Bergungskommando der Luftwaffe aus Leeuwarden ( Holland ) übernommen.
29.11.1940Von Norderney – Lt. Born: Seenotmaschine zurück. Suche ohne Erfolg ( Suche nach M.R. - Boot HINDENBURG ! ) Angetriebene Fl. - Rettungsboje im Hubert-Gat umkreist und als Nr. 12 erkannt. ( Bemerkung: Fliegerrettungsboje Nr.12 ist mit angeblichem Wrack HINDENBURG identisch )
30.11.1940Von N'ey an Oblt. Salzmann: Ein Vorpostenboot hat die Fliegerrettungsboje Nr.12 geborgen. FL.B 413 soll auslaufen und Boje abnehmen. FL.B 413 ist mit Fliegerrettungsboje Nr.12 in Borkum eingelaufen. Boje unbeschädigt. Steht auf der Kranrampe.
07.12.1940Grenzschutz Groningen am 07.12. gegen 10.25 h, wurde bei KM 46 in Vlieland eine Rettungsboje gefunden. Generalluftzeugmeister mit 4 Roten Kreuzen gelb und viereckig. Rettungsboje wurde über den Inselkommandanten dem Kommando der Luftwaffe L 36743 übernommen. Seenotzentrale Boulogne wurde hiervon in Kenntnis gesetzt.
26.05.19421) Mit sofortiger Wirkung werden die Seenotbojenkommandos im Bereich des Luftflotten Kdo. 3 aufgelöst.
2) Durchführung durch Luftflotte 3 in Benehmen mit Genneral der Luftwaffe beim Oberbefehlshaber der Marine
3) Das freiwerdene Personal steht Luftflotten-Kommando 3 zur Verfügung.
4) Über freiwerdenedes Gerät verfügt Luftzeug-Gruppe (See).
26.06.1942Abgabe von 20 Seenotbojen aus Bestand aufgelöster Seenotbojenkommando an Netzsperrengruppe West.(ohne Inventar)
Weiterer Verbleib zur Zeit unbekannt.
Bilder oben und unten links: Bildfolge von Rettungsbojen im Hafen Boulogne oder Calais.Rettungsboje Nr. 52 bei Piroux-Lessaix im Februar 1941

Sources: Literatur: Gröner, "Die deutschen Kriegsschiffe 1815 - 1945", Band 7 ; Schiffe und Boote der Deutschen Seeflieger 1912 - 1976 ;
Dokumente: KTB (Kriegstagebuch) des General der Luftwaffe beim Oberbefehlshaber der Kriegsmarine / Oberquartiermeister ; diverse Fotobelege ;
KTB der Seenotzentrale (Luft) Nord ; ... Haka Dieppe ; ... Kdt. Seeverteidigung Seine / Somme

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